Da die Mühle Hunziken, quasi vor meiner Haustüre liegt und ich zudem diese Location, so wegen ziemlich allem, zu meinem Lieblingsclub erkoren habe, ist es für mich jeweils keine Frage, wenn sich Künstler oder Bands, wie in diesem Fall Kosheen, die Ehre geben dort aufzuspielen, dies auch zu unterstützen, wenn dann überhaupt noch Karten verfügbar sind. In diesem Fall hatte ich Glück und zu einem sehr frühen Zeitpunkt vom Gig erfahren, so dass ich da rechtzeitig meinen Platz in den Zuschauerrängen sichern konnte. Die schiere Nähe zu meinem Heim rechtfertigt dann auch einen eben solchen Konzertbesuch mitten in der Woche, so dass ich anschliessend auch noch eine angemessene Ruhephase einschieben kann, bevor ich am nächsten Morgen wieder den Bürostuhl malträtiere, man ist ja schliesslich keine zwanzig mehr.
Kosheen, bestehend aus der Frontfrau Siân Evans, Ron
Mcelroy und Mitchell Glover, sind nun nicht grad eine Band, welche mich in
meiner täglichen musikalischen Berieselung in Massen begleitet und doch sind
Sie nie ganz weg.
Es ist nicht die Musik, die ich mir täglich zu Gemüte führe
und doch lässt sie mich in bestimmten Momenten ganz wunderbar abtauchen und den
Alltag vergessen. Wenn ich Kosheen hören will, will ich nichts anderes hören,
das kann nicht irgendwo in einer Playlist untergebracht sein, das muss einfach
Kosheen sein, weil Kosheen etwas Eigenes, ganz besonderes ist.
Die Mischung aus
Drum’n’Bass, Breakbeat, Electro, teilweise aber auch Rockigen oder gar Punkigen Einflüssen und das Ganze mit dem seinesgleichen suchenden Klang von Siâns Stimme untermalt,
verträgt in meinen Ohren einfach keine Störung durch andere Musik.
Live blieb mir das Vergnügen, obschon sicher schon die ein oder andere
Möglichkeit geboten, bisher verwehrt und so war ich nun doch sehr gespannt,
zumal die Band betreffend ihrer Live-Fähigkeiten, nicht gerade den übelsten Ruf
geniesst.
Doch nicht nur für mich war es eine Premiere, sondern auch für
Kosheen, bespielten Sie doch zum ersten Mal die Mühle und ja, die Mühle ist für
Sie auf dieser Tour sicher nicht die einzige Premiere-Destination, aber es ist
eben die Mühle und die ist im Mindesten genau so besonders, wie die Liefe Performance
von Kosheen und für jeden Musiker ein besonderes Erlebnis. Und noch eine
weitere Premiere kam für Siân dazu, denn Sie spielte Ihr erstes Konzert in
Ihrem 55. Lebensjahr. Ja der Auftritt deckte sich mit Siâns 54. Geburtstag, was
dem Konzert noch eine zusätzliche, besondere Note verlieh.
So begab ich mich dann am gestrigen Donnerstag direkt nach
der Arbeit in die Hunzikenau und war so fast eineinhalb Stunden vor
Konzertbeginn in der Mühle oder besser gesagt vor der Mühle. Da die
Verköstigung sowohl vor als auch im Haus noch nie zu verachten war, habe ich
mich als erstes mit einem Pinsini im Mühlegarten gestärkt und die vorkonzertliche
Atmosphäre genossen, zumal auch die Aussentemperatur dies problemlos zuliess.
So gestärkt, begab ich mich zum wiederholten Male auf Entdeckungstour durch die
Mühle da man da, wenn auch schon oftmals vor Ort, immer wieder Neues noch
nicht beachtetes findet.
Auch die Bühne und insbesondere das vorinstalliere Equipment weckt jeweils mein
Interesse, wobei da in diesem Fall, mit einem klassischen Schlagzeug, einem
Mikrofon und einem Gitarren-Effektgerät nicht grad eine überschwängliche
Gerätschaft bereitstand. Irgendwie fehlte mir da, wenn ich so die Songs im Ohr
habe, doch noch etwas Elektronisches, hätte da eigentlich mit einem Synthi
gerechnet, der aber an diesem Orte inexistent war.
Nach meinem Rundgang suchte ich mir dann einen Platz vor der Bühne, dies einem Gruppenzwang unterwerfend, da alle meine Kollegen sich in diesem Raumbereich aufhielten. Normalerweise suche ich mir in der Mühle eher einen Platz am Rande oder auf einer Etage mit guter Bühneneinsicht, da die Akustik fast im gesamten Gebäude und insbesondere an den Orten mit freier Sicht zur Bühne fantastisch ist. Diesmal machte ich mich aber darauf gefasst, dass ich wohl das Konzert in grossem Gedränge, zitiere da aus einer gewissen Erfahrung, verbringen werde.
Fast pünktlich ruckelte dann der Vorhang im Hintergrund und die drei betraten die kleine, aber feine Hunziken-Bühne, dies unter tosendem Applaus und man konnte förmlich sehen wie die Bandmitglieder ob der Schallkulisse erschauderten. Insbesondere Siân war davon dermassen hingerissen, dass sie sich schon nach dem ersten Song zur Aussage hinreissen liess, dass dies wohl der schönste Geburtstag ever ist! Worauf im Publikum Happy Birthday angestimmt wurde, was ihr Erschaudern sichtlich verstärkte und wohl ihrer zuvor getätigten Aussage noch kräftigen Nachdruck verlieh.
Aber nicht nur das Publikum vermochte die Protagonisten erschaudern, sondern auch umgekehrt gelang es der Band innert kürzester Zeit, mit Ihrer Darbietung nicht minder Erschaudern und Euphorie beim Publikum auszulösen. Siân hat die Fähigkeit, die Songs nicht nur zu singen, sondern diese zu Leben und dies in einer Art dem Publikum weiterzugeben, wie das selten jemand schafft, nicht umsonst wird die Band dafür seit Jahren gefeiert. Hinzu kommt Ihre grandiose wunderbar reine Stimme, welche während dem ganzen Konzert niemals, auch nur um eine Nuance daneben lag, obschon Sie sichtlich auf Kriegsfuss mit ihrem rechten In-Ear Monitoring stand, was die Sache wohl nicht grad erleichterte. Aber Profi genug, war das zwar ersichtlich, aber zu keinem Zeitpunkt hörbar oder sonst in irgendeiner Weise störend. Einfach grandios, sehens- und hörenswert.
Aber auch Ihre Bandkollegen vermochten absolut überzeugen,
so bespielte Ron seine Gitarre virtuos, mit grosser Feinfühligkeit und Fingerfertigkeit und legte so die Grundbasis der Songs wogegen Mitchell nicht müde wurde, seine Küche wärend dem gesamten Konzert mit der allzeit richtigen Dynamik anzugreifen und so den Songs nicht nur den Takt vorzugeben, sondern diese in einer wunderbaren Art zu umrahmen, beide schlichtweg grandios.
Mitchell habe ich übrigens nur dank seiner Tattoos wieder erkannt, zumal als Erkennungsmerkmal bisher, okey ist wohl schon ein Weilchen her, seit ich Ihn das letzte Mal irgendwo abgebildet sah, seine Frisur herhalten musste, welche sich mittlerweile doch markant verändert hat, so wurde aus dem schwarzen Irok eine silberne Vollbehaarung, welche ihm aber auch sehr gut steht.
Nun auch die Elektronik fehlte nicht, wurde aber aus dem Off vom Klangmeister zugespielt, was so durchaus in Ordnung ging, zumal ja auch mit Elektronik auf der Bühne, selten alle Spuren Live gespielt werden. Und da die Hunziken-Bühne entsprechend dem Gebäude, nicht grad riesig ist, verspricht jedes nicht mitgeschleppte Instrument einen Platzgewinn.
Diesen vermochten Siân und Ron sehr gut nutzen und so zu einem weiteren Eckpfeiler machen, mit dem sie das Publikum an sich fesselten. Insbesondere Siân nutzte den Bühnenrand auf alle Seiten ausgiebig, um jeweils mit dem Publikum zu interagieren und scheute sich auch vor Körperkontakt nicht, welcher in der Mühle noch grad mal gegeben ist, zumal der Publikumsbereich dreiseitig bis unmittelbar zur nur leicht erhöhten Bühne reicht. Ohnehin verleiht die Mühle mit ihrem Charm und den eher bescheidenen Platzverhältnissen den Konzerten einen intimen, fast schon familiären Rahmen und wenn dann auch noch die Protagonisten wie in diesem Fall darauf eingehen, wird das jeweils zu einem unvergesslichen Fest.
Nach weit über einer Stunde Spielzeit verabschiedete sich dann die Band das erste Mal, aber den dreien war anzusehen, dass auch sie wussten, dass da nur eine kurze Verschnaufpause hinter der Bühne drin liegt, bevor sie nochmals gefordert würden, denn der Applaus war wie schon während dem gesamten Konzert auch zu diesem Zeitpunkt phänomenal und für mich, selbst in der Mühle kaum in diesem Ausmass gehört, gesehen, erlebt und auch selbst tatkräftig unterstützt.
Siân eröffnete die Zugabe mit einer acapella Gesangseinlage, bevor es dann mit der gesamten Band nochmals in die Vollen ging und auch das Publikum gab nochmals alles, bevor sich die Band sichtlich erschöpft, aber vor Glück strahlend ein weiteres mal verabschiedete.
Diesmal war sich die Band eigentlich sicher, dass es das gewesen ist, haben aber nicht mit dem Mühle Publikum an diesem Abend gerechnet, so blieb der Applaus Minuten ungemindert stehen, so dass sich die drei abermals auf die Bühne begaben, um noch einen draufzusetzen. Siân hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon von ihrem Monitoring befreit und da das wiederanbringen zu aufwändig gewesen wäre, hielt sie halt das Gute Stück während der zweiten Zugabe in Händen, was zwar Ihren ausladenden Bewegungsdrang etwas einschränkte, allerdings ohne dabei störend zu wirken.
Nach dieser Zugabe hatte dann auch das Publikum erbarmen, und gewährte der Band den wohlverdienten Feierabend, obschon eigentlich allen anzumerken war, dass man dieser grandiosen Darbietung, gerne noch weitere Stunden beigewohnt hätte. Letztendlich aber heisst es ja, man soll aufhören wenns am schönsten ist und von daher war der Zeitpunkt sehr gut gewählt.
Nachdem sich das Gedränge, welches sich wieder meines Erwartens doch einigermassen in Grenzen hielt, etwas gelichtet hatte, war dann bei mir noch ein Betmümpfeli, in Form eines "Bärner Müntschi" angesagt, welches mir im Kreise meiner Freundesschar die heiser gebrüllte Kehle ölte.
Auch die Band war zu diesem Zeitpunkt nun unter dem Publikum anzutreffen und liess den grandiosen Abend mit einer erfrischenden Nahbarkeit, noch etwas nachhallen.
Fazit:
Ein wunderschöner, die Erwartungen weit übertroffener Abend in der Mühle, welcher meine Einstellung, dass es sich immer lohnt die Mühle zu besuchen, verstärkt um nicht zu sagen multipliziert.
Ich bin absolut begeistert von Kosheen und werde, falls
sich die Möglichkeit bietet, gerne wieder mal Teil Ihrer Zuschauerschaft sein.
Natürlich idealerweise wieder an gleicher Stätte, denn ich kann mir gut vorstellen,
dass auch die Band sehr gerne ein anderes Mal wieder in diesen Räumlichkeiten
aufspielen würde.
Vielen Dank fürs Lesen und bis zum nächsten Mal …

